Wusstet ihr schon, dass 2017 das ‚Internationale Jahr des nachhaltigen Tourismus für Entwicklung’ (International Year of Sustainable Tourism #IY2017) ist? Die Vereinten Nationen haben das Jahr ausgerufen, da viele globale Herausforderungen, wie beispielsweise Klimawandel, Armut und Ausbeutung auch durch den globalen Tourismus hervorgerufen werden. Dieses Jahr steht ganz im Zeichen der Überlegungen, wie das Reisen einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten kann.

In den nächsten Wochen werden wir mit uns in einer mehrteiligen Artikelserie dem Thema näher widmen.

Teil 1 der Serie ‚Nachhaltiges Reisen – ist das möglich?’ befasst sich mit den Auswirkungen des globalen Massentourismus sowie mit den Chancen und Herausforderung, die der Tourismus in Entwicklungsländer bringt.

Umweltschutz auf ReisenDie Bedeutsamkeit der Tourismuswirtschaft steht außer Frage. Laut der UNWTO (World Tourism Organization) ist der Tourismus global gesehen für 10% des Bruttosozialproduktes verantwortlich. Außerdem ist die Branche im ständigen Wachstum begriffen. Damit einher gehen aber auch gewisse Risiken und die Auswirkungen des Tourismus sind für alle Menschen global spürbar.

War es früher nur der reichen Elite und den von ihnen angeheuerten Entdeckern vorbehalten weit in die Ferne zu reisen (ausgenommen sind natürlich Migrationsströme und Nomadenvölker) ist der Tourismus ohne Zweifel heutzutage ein Massenphänomen. Die Welt ist kleiner geworden und man kann auch entlegenste Orte recht einfach besuchen. Der Tourismus in Entwicklungsländer gilt somit gleichermaßen als Motor und als Begleiterscheinung der Globalisierung.

Aber, welche Vorteile haben nun die Menschen in Ländern des globalen Südens durch den Tourismus?

Reisende bringen Devisen ins Land, sie konsumieren Güter und Dienstleistungen. Im Tourismussektor, beispielsweise in der Gastronomie und Hotellerie sowie im Transportwesen werden direkt Arbeitsplätze geschaffen. Viele andere Sektoren sind damit verbunden und können ebenfalls durch den Tourismus angekurbelt werden. Beispielsweise erreichen ProduzentInnen von Kunsthandwerk mehr KundInnen, Landwirtschaftsbetriebe können Zulieferer für Hotels und Restaurants sein, private Haushalte können Zimmer vermieten und so weiter.

Als positive Effekte, die der Tourismus einem Entwicklungsland bringen kann, werden also Deviseneinnahmen, mehr Beschäftigungsmöglichkeiten, und Ankurbelung des primären Sektors (Land- und Forstwirtschaft), des sekundären Sektors (Produktion von Kunsthandwerk) sowie des tertiären Sektors (Dienstleistungen) genannt. Außerdem werden oftmals infrastrukturelle Verbesserungen vorgenommen, wovon nicht nur die BesucherInnen profitieren. So können beispielsweise abgelegene Regionen einfacher erreicht werden oder die Strom- oder Wasserversorgung verbessert und ausgebaut werden.

Fussball auf ReisenEin weiterer Vorteil des Tourismus, der gerne vergessen wird, ist der Beitrag zur Völkerverständigung. Leider fließen die Ströme von Reisenden immer noch eher von Nord nach Süd und von West nach Ost statt umgekehrt – man spricht von einer Einbahnstraße – trotzdem können sowohl die Reisenden als auch die Bereisten einen Einblick in andere Lebensweisen erhalten und versuchen die Perspektive öfter mal zu wechseln. Viele BesucherInnen verändern eine Region, zum positiven wie auch zum negativen.

Der Großteil, der oben genannten Auswirkungen sind wirtschaftlicher Natur. Leider wird dabei oft die soziale, kulturelle und ökologische Komponente vergessen. Das Wachstum hat Grenzen und wirtschaftlicher Wachstum sorgt nicht unbedingt dafür, dass es allen gut geht. Die Frage ist, wer tatsächlich von diesen wirtschaftlichen Effekten profitiert.

Wo Licht ist, ist auch Schatten…

Da viele Betriebe in den Händen von ausländischen InvestorInnen sind, kommen die Einnahmen oft nicht dem Urlaubsland und seiner Bevölkerung direkt zugute. Die Profite fließen außer Landes, die Steuern werden bezahlt, wo man es für am besten hält und die gut bezahlten Arbeitsplätze in der Tourismusbranche werden auch oft nicht von Einheimischen besetzt. In der Branche gibt es (global) unzählige unterbezahlte Stellen, oft auf Saisonarbeit ausgerichtet und ohne jegliche Sicherheit. Ausbeutung ist in der Tourismusbranche sicher kein Fremdwort, doch richtig problematisch wird es, wenn kriminelle Strukturen durch den Tourismus gefördert werden, beispielsweise mit Kinderarbeit, Kinderhandel oder Prostitution.

Werden infrastrukturelle Verbesserungen vorgenommen, kommen diese wiederum oft nur dem Tourismusziel zugute und die Regionen rundherum werden vernachlässigt.

Das große Potenzial, dass der Tourismus für die Völkerverständigung mitbringt, birgt natürlich auch Risiken. Das Verhalten der TouristInnenmassen führt oft zu Missverständnissen, Tabus und Normen können verletzt werden. Die Kultur der Destination wird den TouristInnen als Inszenierung dargeboten, der wirkliche Kontakt mit den Einheimischen beschränkt sich hauptsächlich auf den Konsum von Dienstleistungen.

zebras am poolEin weiterer Negativeffekt sind natürlich die ökologischen Auswirkungen des Tourismus auf eine Region. Hier sind nicht nur Wasserverbrauch, Abfall- und Abwasserproduktion und sonstige Flurschäden (beispielsweise durch Abholzung für den Bau einer Hotelanlage) zu nennen, allein die Mobilität des TouristInnen (z.B.: Flugverkehr) trägt zum Treibhauseffekt bei und beutet die natürlichen Ressourcen der Erde aus.

Es stellt sich auch immer die Frage, in welcher Form die Bevölkerung in nationale Überlegungen für die Tourismusentwicklung einbezogen wird, welches Mitspracherecht die InvestorInnen erhalten und wer tatsächlich von den wirtschaftlichen Effekten profitiert. Man könnte sich auch fragen, ob Abhängigkeitsverhältnisse weiter zementiert werden und der Kolonialismus 2.0 munter weiterexistiert.

Der nachhaltige Tourismus soll diese Dilemmata lösen. Alles wird schöner, besser und nachhaltiger.

Das ‚Internationale Jahr des nachhaltigen Tourismus für Entwicklung #IY2017’ soll dafür sorgen, dass sich die positiven Effekte des Tourismus in Entwicklungsländern vermehren, bzw. für die gesamte Bevölkerung spürbar werden. Dies kann nur funktionieren, wenn Überlegungen zur Nachhaltigkeit – in allen Dimensionen – in die Köpfe der wichtigen AkteurInnen der globalen Tourismuswirtschaft Einzug halten.

In Teil 2  und in Teil 3 dieser Serie behandeln wir das Thema Nachhaltigkeit und nachhaltiges Reisen im Detail und im vierten Teil geben wir Anleitungen sowie Tipps und Tricks wie eine Reise so fair und nachhaltig wie möglich gestaltet werden kann.

Habt ihr schon vom IY2017 gehört und was hält ihr davon? Haben wir einen wichtigen Aspekt vergessen? Rein damit in die Kommentare!

tiefer…länger…nachhaltiger