„16 Tage All Inclusive Überführungskreuzfahrt von Europa nach Zentralamerika schon für 280€!“

Solche Angebote sind mir in den letzten Jahren öfters untergekommen. Jedes Mal wieder habe ich mich gefragt: Kann es das wirklich geben? Und wenn ja, wie kann ich mir eine derartige Kreuzfahrt um diesen Preis vorstellen?

Im Februar 2016 stolperte ich in meinem Newsfeed erneut über ein solches Angebot. Auf der Webseite der Urlaubspiraten wurde eine Überführungskreuzfahrt von Bilbao, Spanien nach Colón, Panama ab 230 Euro beworben. Nach kurzer Überlegung kamen Eva und ich zu dem Entschluss, dass wir dem auf den Grund gehen sollten und wir buchten unsere erste Kreuzfahrt.

Vorab: Ein paar Überlegungen zum ökologischen Fußabdruck

Ja, es gibt zu Recht sehr viel Kritik an Kreuzfahrten. Kreuzfahrtschiffe sind wie schwimmende Kleinstädte und verbrauchen daher einerseits Unmengen an Energie und produzieren andererseits große Mengen Abgase und Müll. Der WWF kommt in einer Studie zum Schluss, dass eine 7-tägige Mittelmeerkreuzfahrt und ein zweiwöchiger Mallorca-Urlaub insgesamt über einer Tonne CO2-Emissionen pro Person und Reise verursachen. Der Großteil der Emissionen wird in beiden Fällen durch die An- und Abreise mit dem Flugzeug verursacht. Dass die nur halb so lange Kreuzfahrt für die selben CO2-Emissionen verantwortlich ist, liegt an der energieintensiveren Unterbringung am Schiff.

WWF Ökologischer Fußabdruck

Touristischer Klima-Fußabdruck bei einer einwöchigen Kreuzfahrt. [Angaben in Kilogramm CO2-Äquivalente] Quelle: WWF-Bericht über die Umweltauswirkungen von Urlaub und Reisen

Die Ergebnisse der WWF-Studie zeigen aber auch deutlich, dass bei einer einwöchigen Kreuzfahrt mit einer Strecke von etwa 2.500 Kilometer die An- und Abreise mit dem Flugzeug der Hauptemissionsverursacher ist. Der Grund ist zum einen, dass Flugzeuge für die gleiche Strecke mehr CO2 ausstoßen als Kreuzfahrtschiffe. Zum anderen ist CO2, welches in großen Höhen ausgestoßen wird, fast dreimal so schädlich für das Klima wie solches, das in Erdbodennähe auftritt. Bei Überstellungsfahrten spielen die ‚Aktivitäten vor Ort’, wie beispielsweise Besichtigungen, Busfahrten, etc., im Zuge der Landgänge nur eine sehr geringe Rolle. In unserem Fall wurden lediglich zwei Häfen angelaufen. In Lissabon waren wir nur zu Fuß unterwegs und auf der Karibikinsel Sint Maarten haben wir eine selbstorganisierte Tour mit einem lokalen Guide unternommen. Wichtig erscheint mir auch, dass man bei einer Überstellfahrt nicht zu touristischen Zwecken im Kreis fährt, sondern das Ziel die Überbrückung einer gewissen Distanz ist; in unserem Fall die Überquerung des Atlantiks von Spanien nach Panama. Egal ob man per Schiff oder Flugzeug reist, für den ökologischen Fußabdruck entscheidend ist immer auch die Länge des Aufenthalts im Zielland bzw. in der Zielregion. Anders formuliert: Je weiter das Ziel entfernt ist, desto länger sollte man bleiben. Wir planen dieses Mal einen Aufenthalt in Zentralamerika von mindestens einem halben Jahr.

Ich möchte die Kreuzfahrtindustrie unter keinen Umständen verteidigen oder schönreden. Unter den angeführten Gesichtspunkten erscheint der ökologische Fußabdruck bei einer Transatlantiküberquerung mit einem Kreuzfahrtschiff jedoch vertretbar. Im Endeffekt muss jede und jeder für sich entscheiden, welches Transportmittel angebracht ist. Wir haben uns nach reiflicher Überlegung für die Überfahrt mit einem Kreuzfahrtschiff entschieden und haben es, die ökologische Komponente ausgeblendet, nicht bereut.
Im Folgenden gebe ich praktische Tipps zur Buchung und Vorbereitung einer Überführungskreuzfahrt und fasse unsere Erfahrungen zusammen.

Was genau ist eine Überführungskreuzfahrt?

Überführungskreuzfahrt Monarch DeeperTravelEine Überführungskreuzfahrt (Englisch: Repositioning Cruise) ist eine Kreuzfahrt, bei der ein Schiff vor Beginn oder nach dem Ende einer Saison an einen anderen Ort überstellt wird. Meist hat dies mit der Jahreszeit zu tun. Kreuzfahrtschiffe, die beispielsweise im europäischen Sommer im Mittelmeer unterwegs sind, werden im Herbst oft in die Karibik oder nach Südamerika überführt. Im Frühjahr, wenn die Saison in Lateinamerika zu Ende ist, kehren die Schiffe dann nach Europa zurück. Für die Reederein ist es ökonomisch wichtig, dass die Schiffe permanent im Einsatz sind und nicht in einem Hafen „überwintern“. Da die Schiffe meist große Distanzen zu überwinden haben, dauern Überführungskreuzfahrten in der Regel länger als herkömmliche Kreuzfahrten. Für zeitlich flexible Reisende ergeben sich zwei zentrale Vorteile: Einerseits bezahlt man für Überführungskreuzfahrten meist nur einen Bruchteil des üblichen Preises für eine Kreuzfahrt und andererseits lassen sich dadurch Ziele erreichen, für die man sonst auf Flugzeuge angewiesen ist. Die Hauptdestinationen für Überführungskreuzfahrten sind Nord- Mittel- und Südamerika. Fast alle großen Kreuzfahrtunternehmen haben mittlerweile solche Fahrten im Programm und so lassen sich auch exotischere Routen finden – beispielsweise von Südafrika nach Italien oder von Kanada nach China.

Wie buche ich eine Überführungskreuzfahrt?

Um sich vorab einen Überblick über die möglichen Ziele, Strecken und Schifffahrtsunternehmen zu verschaffen, können folgende Webseiten hilfreich sein:

Das Um und Auf bei der Buchung ist der Zeitpunkt. Hier gilt: je früher desto besser! Idealerweise bucht man, sobald die Angebote direkt bei auf der Website der Reederei publiziert werden. Hier gilt es, die Websites im Auge zu behalten und sich für die Newsletter anzumelden.

Wir haben unsere Überfahr bei den Urlaubspiraten gefunden und sieben Monate vor Abfahrt direkt bei der Reederei Pullmantur gebucht.

Was kostet eine Überführungskreuzfahrt?

Atlantik ÜberführungskreuzfahrtWie bereits erwähnt, je früher desto billiger. Wir haben für die 16-tägige Kreuzfahrt mit Pullmantur rund 450 Euro pro Person in der Deluxe-Außenkabine bezahlt. Dieser Preis ist eigentlich völlig verrückt, zumal darin Vollpension und alle Getränke enthalten sind. Pullmantur gilt darüber hinaus als Erfinder des ‚all-inclusive’ Prinzips im Kreuzfahrtbereich und somit fallen auch für alle alkoholischen Getränke keine zusätzlichen Kosten an.
WICHTIG: Bei Kreuzfahrten ist Trinkgeld meist obligatorisch. Üblicherweise erhält man am Ende der Fahrt eine Rechnung über einen gewissen Trinkgeldbetrag pro Gast und Tag. Das Trinkgeld wird unter den zugeteilten MitarbeiterInnen an Bord, als auch den Angestellten, die im Hintergrund arbeiten, verteilt. In unserem Fall waren das 10 US-Dollar pro Person und Tag – also 160 Dollar für die gesamte Überfahrt. Das ergibt einen Gesamtpreis von rund 600 Euro pro Person.
Bei anderen Anbietern kann das Trinkgeld schon im Grundpreis inkludiert sein oder es wird mittels Briefumschlag am Ende der Fahrt manuell verteilt. Man sollte sich vor der Buchung auf jeden Fall genau über die Trinkgeldbestimmungen informieren und das Kleingedruckte lesen!

Unsere persönlichen Erfahrungen

Zugegeben, die letzten Tage vor der Abreise waren wir etwas nervös. Immer wieder unterhielten wir uns über die selben Fragen: Wie stürmisch wird wohl die See sein? In welchem Zustand das Schiff? Und die anderen Passagiere? Wie schnell droht ein Lagerkoller? Wird es irgendwie klaustrophobisch? Immerhin bietet das Schiff mit dem klingen Namen Monarch bei maximaler Auslastung Platz für 2.733 Passagiere. Dazu kommen noch rund 800 Personen Besatzung.

Klettern Monarch Überführungskreuzfahrt Die ersten zwei Tage an Bord waren dann tatsächlich recht stürmisch und wir wurden von einer latenten Seekrankheit geplagt. Die gute Nachricht war, dass das Schiff mit rund 1.100 Passagieren nicht einmal zur Hälfte ausgelastet war. Nachdem wir Lissabon hinter uns gelassen hatten und Kurs auf den offenen Atlantik nahmen, beruhigte sich das Meer rasch und wir verfielen für die nächsten zehn Tage einem gewissen Schiffalltag. Am Morgen bzw. am Vormittag widmeten wir uns sportlichen Aktivitäten wie Klettern, Laufen und Gymnastik. Am Nachmittag haben wir gelesen oder gearbeitet und am Abend standen unterschiedliche Konzerte und Shows zur Auswahl. Am Pooldeck herrschte die meiste Zeit Cluburlaub-Atmosphäre mit schlechter Musik und noch schlechteren Unterhaltungsspielen. Glücklicherweise konnte man dem viel zu lauten und schrillen Entertainmentprogramm auf allen anderen Decks entkommen.

Die Passagiere kamen aus über 20 Ländern und lassen sich auch sonst sehr schwer irgendwelchen Kategorien zuordnen. Im Großen und Ganzen haben wir die Mitreisenden als angenehm empfunden und auch einige sehr interessante Bekanntschaften gemacht. Auffällig war ein generell recht hoher Alkoholkonsum – bei ‚all-inclusive’ aber auch wenig verwunderlich. All-inclusive hieß allerdings nicht, dass die Getränke und Speisen von minderer Qualität gewesen wären. Bei den alkoholischen Getränken als auch bei den Softdrinks gab es die üblichen Marken und das Essen war, man kann es um diesen Preis nicht anders beschreiben, absurd gut. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren äußerst engagiert und sorgten für einen ruhigen und problemlosen Ablauf der Überführungskreuzfahrt.

Für die beiden Landgänge in Lissabon und auf Sint Maarten konnte man entweder eine Tour buchen oder, so wie wir, den Aufenthalt selbst organisieren. Ein Tag ist natürlich viel zu kurz, um einen neuen Ort kennenzulernen. Nichtsdestotrotz war der Landgang auf Sint Maarten ein absolutes Highlight. Am Hafen haben wir zufällig Wesley kennengelernt, der mit seinem Jeep Touren auf der Insel anbietet. Da wir über Sint Maarten nicht viel wussten, haben wir ihm die Programmgestaltung größtenteils überlassen. Das Resultat war ein unvergesslicher Tag mit sehr vielen Überraschungen…

Fazit

Eine Überführungskreuzfahrt ist sicher nicht für alle das Richtige. Die fehlenden Landgänge und eine gewisse Monotonie, die sich bei so vielen Tagen auf See einstellt, können sicher bei manchen Menschen Langeweile, Lagerkoller etc. verursachen. Für uns war es jedoch eine sehr interessante Erfahrung und eine gute Alternative zum Flugzeug. Die nächste Überführungskreuzfahrt haben wir schon gebucht. Kommenden Mai überqueren wir den Atlantik in die andere Richtung von Costa Rica nach Portugal.

Hast Du noch Fragen oder warst Du selber schon auf einer Überführungskreuzfahrt? Wir freuen uns über Deine Gedanken in den Kommentaren.

tiefer…länger…nachhaltiger