Been there, done that (and bought the T-shirt)

Spätestens nach dem zweiten Bier an der Bar eines Hostels entspinnt sich mit den neuen Reisebekanntschaften das immer gleiche Gespräch, welches sich im Kern um folgende Leifragen dreht: Where do you come from? How long are you traveling? Where have you been? What have you done? Es scheint unausweichlich – ein Backpacker-Naturgesetz.

Dabei erfährt mensch freilich auch sehr interessante Dinge; beispielsweise, dass es durchaus möglich ist in vier bis fünf Wochen drei südostasiatische Länder (der Klassiker: Thailand, Laos und Kambodscha) oder halb Mittelamerika (sehr beliebt: Costa Rica, Nicaragua und, mit einem Abstecher über die Bay Islands vor Honduras, Guatemala) zu bereisen, oder genauer gesagt, vorbeizufahren. Ganz im Sinne von Jules Vernes Romanhelden Phileas Fogg, der in 80 Tagen die Welt umrundete, erinnern solche Unterfangen eher an einen Wettbewerb und weniger an eine Reise. Der Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung beschränkt sich dabei meist auf das Feilschen, oft Centbeträge, um Übernachtungspreise oder Taxifahrten. Das Kennenlernen von Land und Leuten wird durch das Abhaken von so genannten Sehenswürdigkeiten ersetzt, wobei ein Regen- oder Durchfalltag zu einem verlorenen Tag wird und damit zu einer veritablen Katastrophe, da der detailliert geplante Ablauf der „Reise“ aus den Fugen gerät. Die Reise, und somit Orte bzw. Länder, werden konsumiert, wie ein Film angeschaut, nicht aber erlebt. Mensch könnte jetzt einwerfen, dass bei solch ambitionierten Reisen viel Zeit in lokalen Bussen verbracht wird und somit der Kontakt mit Einheimischen unausweichlich ist.
Drei Länder in vier Wochen sind mit lokalen Transportmitteln allerdings kaum zu realisieren, weshalb der moderne Backpacker-Massentourismus das Shuttle hervorgebracht hat. Touristisch interessante Orte werden dabei mit einem Netz aus (Mini)Bussen umspannt, das es ermöglicht ganze Länder zu „überspringen“: Es ist beispielsweise möglich mit einem Shuttle in gut 18 Stunden von León (Nicaragua) direkt nach Antigua (Guatemala) zu fahren. Von den dabei zu durchfahrenden Ländern Honduras und El Salvador sehen die Passagiere neben dem pittoresken Asphalt der Panamericana noch Tankstellen sowie Filialen einiger US-amerikanischer Fast-Food-Ketten. Alternativ bietet eine derartige Fahrt die Gelegenheit, sich bei ‚The Expendables 3’ und anderen Blockbustern von den Reisestrapazen zu erholen oder mittels Shuttle-WiFi sich auf TripAdvisor über den aktuellen Zustand der nächsten Unterkunft zu informieren. Überflüssig zu erwähnen, dass weder NicaraguanerInnen noch GuatemaltekInnen unter den Passagieren zu finden sind; stattdessen hat mensch genug Zeit, die bereits oben erwähnten Leitfragen mit TouristInnen aus den USA, Europa und Israel zu erörtern…

Mir ist selbstverständlich bewusst, dass so etwas wie Urlaub für den überwiegenden Teil der Menschheit nicht existiert. Selbst in den Industrienationen steht den meisten Menschen ein eher bescheidenes Urlaubskontingent zur Verfügung – in den USA besteht beispielsweise gar kein gesetzlicher Anspruch, in Deutschland und Dänemark dürfen sich die Erwerbstätigen immerhin sechs Wochen erholen (http://de.statista.com/statistik/daten/studie/197069/umfrage/urlaubstage-und-feiertage-in-europa/).

Wenn mensch nun zu der privilegierten Schicht der Urlaubenden gehört, stellt sich die Frage, wie die verfügbaren Tage bzw. Wochen verwendet werden. Müssen es fünf Bergbesteigungen in einer Woche, zehn koloniale Städte in zwei Wochen oder fünf Inseln und drei Vulkane in drei Wochen sein? Und wenn ja, was kann der oder die Reisende davon mitnehmen? Ich habe solche Marathonprogramme selber einige Male absolviert und jedes Mal brauchte ich danach Urlaub vom Urlaub. Prinzipiell halte ich es mit der Faustregel: Ein Ort in einer Woche. Nur so kann mensch meines Erachtens, wenn auch sehr oberflächlich, in eine neue Kultur eintauchen, Sitten und Gebräuche zumindest ansatzweise verstehen und das Gesehene und Gehörte einordnen und verarbeiten. Das Erleben eines Ortes, über die fünf Zeilen aus einem Reiseführer hinaus, erfordert langsames und somit tieferes Reisen.

Conni von Planetbackpack hat sechs Tipps für diese Art des Reisen zusammengestellt, die zum Einstieg eine sehr gute, praktische Anleitung bieten. Eine der besten Möglichkeiten, tiefer in einen Ort einzutauchen, sind Volunteer Reisen – was genau das ist, erfährst du hier.

DeeperTravel hat sich zum Ziel gesetzt diese Art des Reisens einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, die Potentiale und Gefahren, die damit einhergehen aufzuzeigen und praktische Tipps und Hilfestellungen für angehende Volunteers bereitzustellen – STAY TUNED!

 

tiefer…länger…nachhaltiger