Über Nachhaltigkeit sollte man nicht erst in der Ferne nachdenken – bereits im alltäglichen Leben kann man ganz unkompliziert erste Schritte hin zu einem nachhaltigen Lebenswandel setzen. Mit diesem Beitrag wollen wir eine neue Serie auf DeeperTravel beginnen und aufzeigen, wie der Grundgedanke des Blogs „tiefer…länger…nachhaltiger“ in den Alltag integriert werden kann.

Sharing Economy

Sharing is Caring

Sharing Economy

Die Sharing Economy (in der deutschen Diskussion auch ‚Share Economy’ genannt) ist ein sozio-ökonomisches System, welches auf dem Teilen von materiellen Ressourcen und menschlicher Arbeitskraft basiert. Materielle Dinge, wie beispielsweise Autos, Wohnungen, Bohrmaschinen, etc. werden dabei entweder kostenlos oder gegen eine Gebühr zwischen den Mitgliedern einer bestimmten Community getauscht. In einem bis jetzt geringeren Maße wird das selbe Konzept auch auf Dienstleistungen und Know-How angewendet. Neue Internettechnologien (Web 2.0) bilden die Basis für diese Art des Handels und Wirtschaftens und meist ist eine online Registrierung zwingend erforderlich. Das Vertrauen zwischen den einzelnen Community-Mitgliedern wird oft mittels Bewertungs- und Kommentarfunktion gefestigt.

Wir verfolgen die Entwicklung der Sharing Economy (SE) seit einigen Jahren und haben auch schon unterschiedliche Möglichkeiten und Angebote ausprobiert. Im Folgenden wollen wir unsere Erfahrungen wiedergeben.

1) AirBnB

Sharing Economy: AirBnB Unterkunft in Cape Town.Wohl einer der bekanntesten Vertreter der SE. Das 2008 gegründete Unternehmen vermittelt nach eigenen Angaben in mehr als 190 Ländern Häuser, Wohnungen und Zimmer. Die Bandbreite reicht dabei von einer einfachen Couch bis zu luxuriösen Penthousewohnungen mit Pool auf der eigenen Dachterrasse. Nach der Registrierung kann man nach freien Wohnungen suchen und auch sein eigenes Zuhause zur Miete anbieten. Wir haben über AirBnB bis jetzt in Antigua Guatemala, Cape Town, Stockholm, Nairobi, Managua und Sevilla Wohnungen gebucht und haben auch unsere Wohnung schon vermietet. Die Erfahrungen waren durchwegs positiv.

Das sollte man bedenken:
Leider ist in letzter Zeit eine starke Kommerzialisierungstendenz zu beobachten: Die, ursprünglich für Privatpersonen gedachte, Plattform wird zusehends von kommerziellen Anbietern (BetreiberInnen von Ferienwohnungen, Personen mit fünf und mehr Wohnungen in einer Stadt) entdeckt. Um so wichtiger ist es, sich die VermieterInnen und Beurteilungen vor einer Buchung genau anzuschauen.

2) Couchsurfing

Noch mehr dem Community-Gedanken verpflichtet, ist Couchsurfing. Dabei kann man Schlafplätze anbieten oder suchen. Im Gegensatz zu AirBnB ist es aber strengstens untersagt für die Übernachtungen Geld zu verlangen oder zu bezahlen. Die 9 Millionen Mitglieder in mehr als 120.000 Städten sehen sich eher als Gemeinschaft und oft bekommt der „Gast“ auch noch eine Stadtführung, ein Abendessen, u.v.m. Wir hatten leider noch nicht die Möglichkeit selbst auf einer Couch zu übernachten. Eva hat aber eine chinesische Studentin ein paar Tage beherbergt und ist von dem Konzept begeistert.

Das sollte man bedenken:
Es gibt unterschiedliche Menschen und man kann nicht mit allen auf der selben Wellenlänge sein. Aufgrund der großen Nähe zu fremden Personen ist Couchsurfing für Menschen mit einem ausgeprägten Bedürfnis nach Privatsphäre weniger geeignet.

3) Foodcoop

Eine Foodcoop (Food Cooperative, zu Deutsch: Lebensmittelkooperative) ist ein Zusammenschluss von Personen und Haushalten, die selbstorganisiert Produkte nach ökologischen und sozialen Kriterien direkt von den ProduzentInnen beziehen (Definition nach Salzkörndl). Dabei geht es einerseits um das Beziehen von ökologisch verträglich hergestellten regionalen und saisonalen Produkten und andererseits um die Kritik an einem auf Ausbeutung und Massenkonsum ausgerichteten Wirtschaftssystems. Wir sind Gründungsmitglieder der Salzburger Foodcoop Salzkörndl und beziehen darüber, wenn wir in Salzburg sind, den Großteil unserer Nahrungsmittel. Im Dezember 2013 wurde unser Vereinslokal in der Salzburger Altstadt feierlich eröffnet und ein Jahr später zählen wir aktuell gut 40 aktive Mitglieder.

Das sollte man bedenken:
Die Organisation einer Foodcoop ist äußerst aufwendig! Die Idee lebt von der aktiven Mitarbeit aller Mitglieder und setzt die ehrenamtliche Übernahme von Vereinstätigkeiten unbedingt voraus.

4) Carsharing

Carsharing (zu Deutsch: Autoteilen) beschreibt die organisierte gemeinschaftliche Nutzung von Autos. Die Fahrzeuge gehören dabei entweder den Mitgliedern der Community oder befinden sich im Besitzt einer Organisationen, die gegen Gebühren auch die Logistik übernimmt. Gängige Praxis beim Carsharing ist, dass die Buchung über das Internet bzw. Smartphones rund um die Uhr möglich ist. Nach Registrierung auf einer Plattform wird die Autonutzung bei kommerziellen Anbietern entweder minutengenau oder nach Kilometern (oder beides) abgerechnet. Bei den nicht-kommerziellen Anbietern wird lediglich die Plattform zum Austausch bereitgestellt, den Rest vereinbaren die User untereinander. Natürlich gibt es auch Mischformen. Die Anzahl der Anbieter wächst ständig, einige Beispiele sind: Zipcar, Flinkster, DriveNow, Car2go, Carsharing24/7, usw.

Das sollte man bedenken:
Carsharing Angebote gibt es mittlerweile in vielen (mitteleuropäischen) Städten. Die Anzahl der verfügbaren Fahrzeuge sowie die Preise variieren allerdings stark. In Berlin beispielsweise ist Carsharing sehr gut ausgebaut, in der zweitgrößten deutschsprachigen Stadt Wien ist die Nutzung schon weit weniger komfortable und in der Provinz (zum Beispiel in Salzburg) existieren zwar derartige Angebote, die geringe Anzahl an Autos und die viel zu hohen Preise schrecken momentan noch viele InteressentInnen ab.

Update: Wir haben Carsharing24/7 in Salzburg ausprobiert und sind begeistert, die Vergabe funktioniert von BenutzerIn zu BenutzerIn und man kann alle Details wie Treffpunkt, Häufigkeit usw. direkt vereinbaren. Einfach ein Profil anlegen und schon kann man das eigene Fahrzeug zum Verleih anbieten oder nachsehen was in der Nähe zur Verfügung steht. Die Preise sind festgelegt (meist per Tag) eine gewisse Anzahl von gefahrenen Kilometern ist meist inkludiert. Nachteil aus unserer Sicht: die mobile App könnte einen Relaunch vertragen.

5) Mitfahrgelegenheiten

Auf Plattformen wie Mitfahrgelegenheit oder Mitfahrzentrale kann man nach Mitfahrgelegenheiten suchen und selbst seine Dienste als FahrerIn anbieten. Die Fahrtpreise werden entweder direkt auf der Webseite angezeigt oder die FahrerIn muss angefragt werden. Die Preise in Österreich und Deutschland sind dabei meist deutlich niedriger als die der öffentlichen Alternativen Bahn und Bus. Zudem gibt es zwischen größeren Städten oft mehrere Mitfahrgelegenheiten pro Tag. Wir haben, als wir noch selber Autos besessen haben, auch unsere Fahrdienste angeboten und waren schon etliche Male als MitfahrerInnen unterwegs. Bis jetzt gab es noch nie Probleme und wir haben nur gute Erfahrungen gemacht.

Das sollte man bedenken:
Straßenverkehr kann tödlich sein.

6) Autostoppen/Per Anhalter fahren

Sharing Economy: StoppenSchon lange vor dem Internetzeitalter war das Autostoppen bzw. per Anhalter fahren eine weitverbreitete Möglichkeit Ressourcen zu teilen. Die Grundidee ist einfach: man wartet am Straßenrand bis man von einer FahrzeuglenkerIn in die richtige Richtung mitgenommen wird. Normalerweise wird dafür keine finanzielle Gegenleistung erwartet, speziell bei weiten Distanzen kann man aber eine Beteiligung an den Benzinkosten vorschlagen. Wir sind recht oft per Anhalter unterwegs und haben außerhalb Österreichs/Deutschlands sehr positive Erfahrungen gemacht. In den meisten Fällen mussten wir nicht lange auf eine Mitfahrgelegenheit warten und haben nebenbei sehr nette Bekanntschaften gemacht.

Das sollte man bedenken:
In Österreich und Deutschland ist per Anhalter fahren SEHR schwierig! Für viele AutofahrerInnen dürften StopperInnen eher LandstreicherInnen ähneln und man erntet statt einer Mitfahrgelegenheit oft ungläubige Blicke. Man sollte sich vor dem Einsteigen auch, soweit das möglich ist, vergewissern in welchem Zustand (z.B. Alkohol) sich die LenkerIn befindet.

7) Gegenstände teilen

Wie oft braucht man eine Bohrmaschine oder einen Rasentrimmer im Jahr? Menschen besitzen oft Dinge, die sie einmal oder noch seltener im Jahr brauchen. Statt uns alle Dinge selber anzuschaffen so die Idee, können wir uns Gebrauchsgegenstände auch einfach ausleihen. Dieser Trend ist stark im Kommen und das Internet macht ein einfaches Leihen möglich. Über Verleih Apps oder Websites wie ‚Why own it’, ‘Leih dir was’ oder Facebook Gruppen wie beispielsweise ‚TEIL DEIN ZEUG’ (Salzburg) können ganz einfach Dinge gesucht und angeboten werden.

UPDATE: Die App Why own it ist gescheitert und inzwischen offline.

Das sollte man bedenken:
Das Ganze funktioniert nur solange alle Mitglieder die ausgeliehenen Dinge behandeln als wären sie ihre eigenen.

8) Uber

Auf der Plattform ‚Uber’ werden Taxidienste sowohl von kommerziellen AnbieterInnen (Taxiunternehmen) als auch von privaten AnbieterInnen vermittelt. Die Vermittlung erfolgt auch bei diesem Service über das Internet bzw. Smartphone und dadurch entfallen eine Reihe von Kosten (beispielsweise Taximeter, Funkanlage, etc.). Wir haben Uber in Wien getestet: sowohl App und Abwicklung als auch die Fahrer konnten uns überzeugen. ABER…

Das sollte man bedenken:
Die Vertragsbedingungen für die FahrerInnen sind sehr problematisch!

9) Kleiderkreisel

Auf der Plattform ‘Kleiderkreisel’ können Kleidung, Accessoires oder Schuhe gekauft, verkauft oder getauscht werden. Die Plattform lebt von der Community, so können auch Tauschparties organisiert, Wunschlisten angelegt und über alles mögliche geplaudert werden. Versand und Zahlung wird entweder selbstorganisiert abgewickelt oder man benutzt das System von Kleiderkreisel.

Das sollte man bedenken:
Second Hand Ware zu beziehen ist sicher nachhaltiger als Neuware. Allerdings besteht auch die Gefahr einem ‘Kaufrausch’ zu verfallen und vielleicht Dinge zu kaufen die man gar nicht braucht. An den Produktionsbedingungen ändert es wenig, woher man die Ware bezieht. Es macht deshalb auch beim Tauschen oder Kaufen über den Kleiderkreisel Sinn, die Marken dem Clean Clothes Firmencheck zu unterziehen.

Was bei uns als nächstes auf der Liste steht:

Camping

Dem AirBnB Prinzip folgend, kann man sich neuerdings auch in Gärten einquartieren. Auf der Plattform ‚Camp in my Garden’ kann man seine eigene Grünfläche anbieten oder nach Campingmöglichkeiten in privaten Gärten suchen.

Fazit

Die von uns ausprobierten Möglichkeiten der Sharing Economy haben uns bisher, mit Ausnahme Uber, überzeugt und sind unserer Meinung nach ein essenzieller Bestandteil einer nachhaltigen Lebensführung. Wir werden in Zukunft weitere Angebote testen und halten euch selbstverständlich auf dem Laufenden!
Eine sehr gute Dokumentation zum Thema gibt’s hier.

Welche Erfahrungen habt ihr mit der Sharing Economy gemacht? Wir freuen uns über Berichte in den Kommentaren!

tiefer…länger…nachhaltiger