„Durch die Begegnungen mit einer anderen Kultur kann beim Touristen ein Gefühl der Hilflosigkeit, der Angst und Aggression hervorgerufen werden.“ (aus: der eroberte Horizont)

Eine Reise ist immer mit Unvorhersehbarkeiten und gefühlten Unsicherheiten verbunden – wir verlassen unsere gewohnte Umgebung. Nach Larcher kann sich die Fremde bei Reisenden in körperlich wahrnehmbaren, in sinnlich wahrnehmbaren und in kulturellen Unterschieden bemerkbar machen.

Zu den körperlich wahrnehmbaren Unterschieden gehören zum Beispiel:

Kulturschock Shanghai

  • Straßen, Wasser, Toiletten, Geschäfte, Wohnungen

Kulturschock: Masai Mara in Kenia

  • Tier- und Pflanzenwelt, Ungeziefer, Speisen

Zu den sinnlich wahrnehmbaren Unterschieden zählen u.a.:

Kulturschock China

  • Anblicke, Gerüche, Geräusche

Kulturschock

  • Hygiene, Geschmack, Klima

Kulturschock Niacargua

  • Ermüdung, Gesundheit

Kulturelle Unterschiede zeigen sich in:

China4

  • Bräuchen, Sitten, Gewohnheiten, Traditionen

Kulturschock Karibik

  • Menschliche Verhaltensweisen, Zwischenmenschliche Beziehungen, Einstellungen

Kulturschock Guatemala

  • Religion, Sprache, Gesten

Diese Unterschiede führen bei Reisenden zu Stress, der in weiterer Folge zum so genannten Kulturschock führen kann. Je nachdem wie intensiv man diesen Stress empfindet, kann der Kulturschock zu Angst, Enttäuschung, Orientierungslosigkeit und zu einem generellen seelischen Ungleichgewicht führen. Dabei können bei den Reisenden auch folgende psychische Symptome auftreten:

  • Geistige Abwesenheit
  • „Tropischer Blick“ (= in die Ferne starren)
  • Starkes Verlangen nach vertrauten Dingen
  • Übertriebene Angst vor Betrogen werden
  • Wutanfälle über Kleinigkeiten
  • Gefühl von Abhängigkeit und Hilflosigkeit
  • Starke Müdigkeit
  • Unverhältnismäßige Beachtung kleiner körperlicher Beschwerden
  • Übertriebene Angst vor Speisen, Wasser, Hygieneeinrichtungen
  • Übertriebenes Händewaschen
  • Übermäßiger Alkohol- und/oder Drogenkonsum

Reisende reagieren auf den Kulturschock in unterschiedlicher Art und Weise. Dietmar Larcher teilt die Reaktionen der Reisenden in drei Kategorien ein:

1) Ablehnung

Der oder die Reisende sehnt sich nach früheren Zuständen und zieht sich zurück – sie oder er flüchtet vor der neuen Realität. Die Ablehnung der Kultur kann sich aber auch durch Zorn, Feindseligkeit, Abscheu und Verzweiflung bemerkbar machen – sie oder er sagt der neuen Realität den Kampf an.

2) Einfühlung in die Kultur

Der oder die Reisende reagiert auf den Kulturschock mit Optimismus, Humor, Toleranz und Interesse. Durch eine positive Einstellung werden die neuen Gegebenheiten schnell akzeptiert.

3) Wird Eingeborene

Der oder die Reisende nimmt die neue Kultur und damit einhergehend den Lebensstil an und gibt die eigene Kultur teilweise auf.

Wie kann man mit dem Kulturschock umgehen?

Der amerikanische Anthropologe Kalervo Oberg beschreibt den Kulturschock als den Zeitraum, den man benötigt, um sich in eine andere Kultur einzugewöhnen und unterteil diese Zeitspanne in 5 Phasen:

1) Phase der Euphorie

Die Exotik des neuen Ortes steht noch im Vordergrund. Man ist ZuschauerIn und begegnet dem Fremden mit Neugier bzw. Euphorie und stellt dabei die eigene Kultur nicht in Frage.

2) Phase der Entfremdung

Die Fremdheit der neuen Kultur wird nach und nach bewusst und es entstehen erste Kontaktschwierigkeiten. Selbstzweifel werden häufiger und man tritt oft in Fettnäpfchen, was wiederum zu häufigen Selbstbeschuldigungen führt. Der emotionale Zustand wird immer schlechter.

3) Phase der Eskalation

Konflikte treten immer stärker zu Tage und die Schuldzuweisungen an die fremde Kultur werden zahlreicher. Gleichzeitig kommt es zu einer übersteigerten Wahrnehmung und Verherrlichung der eigenen Kultur. Diese Phase ist auch durch starkes Heimweh gekennzeichnet und dem Gefühl, dass zu Hause alles viel besser ist. An diesem Punkt werden Auslandsaufenthalte oft abgebrochen.

4) Phase der Missverständnisse

Konflikte werden reflektierter wahrgenommen und eher als Missverständnisse interpretiert. Kommunikationsprobleme und kulturelle Unterschiede werden dabei als Ursachen angenommen.

5) Phase der Verständigung

Die unterschiedlichen kulturellen Praktiken werden erlernt und anerkannt. Die eigene und die andere Kultur werden nun verstanden und damit ist der Kulturschock überwunden.

Kulturschock Latainamerika

Dabei erscheint es wichtig, das eigene Verhalten im Kontext der neuen Gegebenheiten zu beobachten. In der einen oder anderen Art und Weise ist jede und jeder mit einer Ausprägung des Kulturschocks konfrontiert und diese Übergangsphase stellt einen normalen und sehr wichtigen Schritt beim Kennenlernen einer neuen Kultur dar. Als mögliche positive Bewältigungsstrategien können Humor, Optimismus, Interesse und Toleranz vor allem aber die Auseinandersetzung mit der eigenen Person dienen. Die Beantwortung der Frage nach den ursächlichen Bedingungen des persönlich erlebten Unwohlseins kann ein erster Schritt dazu sein.

Hast du schon einmal einen Kulturschock empfunden? Warum, und was hast du dagegen unternommen? Oder kann dir das nicht passieren? Wir freuen uns über eine Diskussion in den Kommentaren!

tiefer…länger…nachhaltiger