Interesse an einem Auslandsaufenthalt?
In diesem Interview stellen wir euch den unabhängigen Bildungsberatungsdienst & Verlag weltweiser vor. Die Organisation hat sich der Völkerverständigung verschrieben und berät InteressentInnen zu den Themen Auslandsaufenthalte und internationale Bildungsangebote wie beispielsweise Freiwilligenarbeit und Studienaufenthalte im Ausland. Dazu organisiert weltweiser u.a. Bildungsmessen, veranstaltet regelmäßig eine Fachtagung und vergibt jährlich so genannte WELTBÜRGER-Stipendien.
Susanne Möller-Andres ist bei weltweiser als Projektkoordinatorin im Bereich Auslands- und Bildungsberatung mit den Schwerpunkten Sprachreisen, Freiwilligenarbeit, Au-Pair und Work & Travel tätig und ist uns freundlicherweise Rede und Antwort gestanden – vielen Dank!
1) Was ist weltweiser?
weltweiser ist ein unabhängiger Bildungsberatungsdienst und Verlag. Wir informieren und beraten organisationsunabhängig zu Auslandsaufenthalten, internationalen Bildungsangeboten und Stipendien. Auf unseren bundesweiten JugendBildungsmessen können sich Interessierte einen Überblick zu Auslandsprogrammen und Finanzierungsmöglichkeiten verschaffen. Wir bieten daneben individuelle Beratungen rund um das Thema Auslandsaufenthalte an, nehmen Angebote unterschiedlicher Veranstalter unter die Lupe und helfen InteressentInnen beim Finden des für sie passenden Programms. Unsere umfassenden Ratgeber Handbuch Fernweh und Handbuch Weltentdecker beantworten alle wichtigen Fragen zu den verschiedenen Auslandsprogrammen und ermöglichen direkte Vergleiche von Angeboten diverser Organisationen. Zudem sind wir Herausgeber der Zeitung Nix für Stubenhocker mit zahlreichen Erfahrungsberichten und betreiben verschiedene Internetplattformen und Foren. Jeder in unserem Team blickt auf eigene Auslandserfahrungen zurück – als “ÜberzeugungstäterInnen” lieben wir es, mit unserer Arbeit Wege in die Ferne aufzeigen zu können.
2) Wie finanziert ihr euch?
Wir finanzieren uns in erster Linie durch das Veranstalten unserer JugendBildungsmessen, mit denen wir jedes Jahr durch 28 deutsche Städte touren und auf denen rund 80 Austauschorganisationen, Veranstalter und Agenturen ihre Programme präsentieren. Für viele MessebesucherInnen sind unsere “JuBis” der erste Schritt auf ihrem Weg ins Ausland.
3) Welche Rolle spielt für euch der Begriff Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit ist für uns ein sehr wichtiges Thema, nicht nur in Bezug auf ökologische Aspekte, sondern auch auf die sozialen Gesichtspunkte eines Auslandsaufenthalts. Da wir selbst keine Austauschorganisation oder Reiseveranstalter sind, haben wir auf die Gestaltung von Auslandsprogrammen in dieser Hinsicht jedoch kaum Einfluss. Wir versuchen das Thema Nachhaltigkeit mit unserer Beratung in das Bewusstsein der angehenden Reisenden zu bringen, damit sie diesen Faktor bei ihrer Planung und bei der Wahl ihres Programms miteinbeziehen. Die Entscheidung liegt letztendlich natürlich bei den Reisenden selbst, die mit ihrer Nachfrage langfristig gesehen aber das Angebot der Organisationen durchaus beeinflussen können.
4) Was bietet ihr für angehende Volunteer Reisende?
Wir bieten angehenden Volunteers bzw. denjenigen, die sich für Freiwilligendienste interessieren, eine ausführliche Beratung vorab an. Im Dschungel von Angeboten und Programmen geben wir Orientierung: Worin unterscheiden sich ungeregelte Freiwilligenprogramme von geförderten Freiwilligendiensten? Was ist bei der Auswahl der passenden Organisation zu beachten? Worauf sollte ich mich bei einem Freiwilligenprogramm einstellen? Welche (kritischen) Fragen sollte ich potenziellen Organisationen stellen? Unsere Beratung bezieht dabei natürlich auch Aspekte ein, mit denen sich angehende Volunteers im Vorfeld auseinandersetzen sollten – von der Frage “Was habe ICH als Volunteer einem Projekt zu bieten?” bis zur Frage “Bin ich wirklich bereit für einen Freiwilligendienst und wo sind realistischerweise die Grenzen meines Wirkens?”
5) Wie zielführend erachtet ihr einen kurzen Volunteer Auslandsaufenthalt unter 4 Wochen?
Kurze Aufenthalte unter vier Wochen können grundsätzlich nie die Wirkung erzielen, die mehrmonatige oder einjährige Aufenthalte haben (können). Sie sind vielleicht ein Weg oder ein erster Schritt für Menschen, die Lebensweise in den Gastländern hautnah kennenzulernen und einen ersten Eindruck von gemeinnützigem Engagement zu bekommen. Hier stellt sich die Frage, welchen Nutzen ein Projekt daraus ziehen kann. Dennoch können Volunteers manchmal auch in wenigen Wochen einen kleinen Unterschied für ein Projekt machen, sei es mit konkreten Arbeiten, die angepackt werden oder manchmal auch nach ihrem Aufenthalt in Form von Fundraising für ein Projekt. Hier spielen das Konzept des Freiwilligenprogramms und die Vorbereitung eine Rolle – Programme für wenige Wochen sollten deshalb etwas anders aufgestellt sein als langfristige Dienste. Letztlich hängt der “Sinn und Unsinn” eines Freiwilligeneinsatzes aber auch noch von diversen anderen Faktoren ab: von der Vorbereitung, den Gegebenheiten und Strukturen im Projekt, der Begleitung und Anleitung vor Ort und nicht zuletzt auch von den Freiwilligen selbst. Um während des Aufenthalts wirklich tiefere Einblicke in ein Land, die Kultur, die Arbeit und Wirkung eines Projekts zu erhalten und tiefere Zusammenhänge zu verstehen, sind längere Aufenthalte von sechs bis zwölf Monaten jedoch in der Regel sinnvoller als Kurzaufenthalte.
6) Wie steht ihr zum viel diskutierten Phänomen des Waisenhaustourismus?
Der Waisenhaustourismus, wie beispielsweise in Kambodscha, ist eine besorgniserregende Entwicklung. Ohne die Motive von BesucherInnen pauschal negativ zu bewerten: Waisenhäuser sind keine touristischen Attraktionen und kaum eine seriöse Einrichtung würde Kindern tägliche Stippvisiten von TouristInnen zumuten. Kritische Stimmen zu – vor allem kurzzeitigen – Freiwilligeneinsätzen in Kinderheimen, die es daneben auch immer mal wieder gibt, können wir vor diesem Hintergrund nachvollziehen. Freiwilligeneinsätze in Waisenhäusern erfordern eine hohe Sensibilität der Freiwilligen und der Mitarbeiter vor Ort, aber auch Verantwortungsbewusstsein seitens der entsendenden Organisation bei der Bewerbung ihrer Programme und der Auswahl der Volunteers.
7) Wie sollen eurer Meinung nach Vermittlungsagenturen die Menschen in den Gastländern unterstützen?
Die Vermittlungsorganisationen sollten in erster Linie partnerschaftlich und auf Augenhöhe mit den Projekten zusammenarbeiten und den Bedarf ihrer PartnerInnen kennen und berücksichtigen. Wichtige Fragen hierbei sind: Wie viel Unterstützung benötigt das Projekt und in welcher Form? Welche Fähigkeiten sollten Freiwillige für den Einsatz mitbringen? Wie sehen vor Ort die Kapazitäten für die Begleitung von Volunteers aus? Wie können die Freiwilligen optimal auf ihren Aufenthalt vorbereitet werden? Es gibt leider Programme, bei denen dies aus verschiedenen Gründen nicht berücksichtigt wird. Solche Freiwilligenprogramme können wie Reisen gebucht werden, ohne dass eine Auswahl von Freiwilligen oder eine Vor- und Nachbereitung stattfinden. So passiert es manchmal auch, dass in einem Projekt beliebig viele Freiwillige eingesetzt werden, die vor Ort nur wenige sinnvolle Arbeiten übernehmen können und sich langweilen. Oder Freiwillige können aufgrund möglicher fehlender Erfahrungen oder Kenntnisse nicht dort eingesetzt werden, wo das Projekt Unterstützung tatsächlich gebrauchen kann. Um Projekten in den Gastländern Unterstützung zu bieten – was ja einer der zentralen Grundgedanken eines Freiwilligendienstes sein sollte – sollten Vermittlungsagenturen hier ihrer Verantwortung gerecht werden.
8) Was bedeutet für euch ‘tieferes Reisen’?
Tieferes Reisen hält Begegnungen mit Menschen bereit, einen intensiven Austausch von Gedanken, das Kennenlernen von Kulturen und Lebensweisen. Tieferes Reisen berührt, rüttelt auf und regt Lernprozesse auf beiden Seiten an – und in sehr vielen Fällen macht es Hunger auf mehr und führt zu wiederholten Fernwehschüben.
Weitere Informationen unter www.weltweiser.de
Fotos: © weltweiser
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