Wir beschäftigen uns bereits seit dem Jahr 2014 intensiv mit dem Thema Freiwilligenarbeit im Ausland und von Beginn an sind wir immer wieder mit den selben unbeantworteten Fragen konfrontiert: Wer ist die „typische“ Volunteer? Woher kommt er und wie alt ist sie? In welchen Bereichen ist sie tätig und welche Ausbildung bringt er mit? In welchen Ländern engagiert sie sich und warum? Wie hat er sich den Aufenthalt organsiert und finanziert?

Stand der Forschung

In den letzten Jahren sind vor allem in anglo-amerikanischen Raum einige Forschungsarbeiten zum Thema Freiwilligenarbeit im Ausland entstanden. Ein Überblick über den aktuellen Stand der Forschung findet sich in unserem Artikel Voluntourismus: Globales Lernen, Nachhaltigkeit und Tourismus – Alles Inklusive? Eine Gemeinsamkeit vieler Studien ist ein starker Fokus auf die Motivation und die Erwartungen der Freiwilligen und ob bzw. wie diese im Einsatz erfüllt wurden. Obwohl die Ergebnisse solcher Studien einen großen Mehrwert für die Planung und Durchführung von Freiwilligenprogrammen in Hinblick auf die Volunteers darstellen, besteht die Gefahr, dass andere Bereiche, wie beispielsweise die Auswirkungen auf die Destinationen bzw. Bereisten oder die Rolle der Entsendeorganisationen, vernachlässigt werden. Darüber hinaus weisen qualitative Studien in der Regel eine kleine Anzahl an Befragten auf und sind daher nicht repräsentativ, d.h. für eine große Gruppe verallgemeinerbar. Für (politische) EntscheidungsträgerInnen und Entsendeorganisationen ist eine evidenzbasierte Politik allerdings nur auf Basis einer möglichst umfassenden Darstellung der derzeitigen Lage und der Zukunftsperspektiven der Freiwilligenarbeit im Ausland möglich.

Freiwilligenbericht für ÖsterreichNeben dem dominierenden Interesse an der Rolle der Freiwilligen schränkt die Fokussierung die institutionalisierten Entsendeorganisationen die Aussagekraft weiter ein. Beispielsweise führte das DEval Institut in Deutschland eine groß angelegte Studie über die Lernerfolge durch Freiwilligendienste durch und die Ergebnisse bestätigen größtenteils die Erwartungshaltungen, besonders hinsichtlich Global Citizenship Education. So steigt zum Beispiel die Bereitschaft für langfristiges zivilgesellschaftliches Engagement (im Heimatland), es kommt zu einem Erkenntnisgewinn über das Zielland, auf Peer-Gruppen wird Einfluss genommen und individuelle Kapazitäten und Fähigkeiten der Freiwilligen entwickeln sich. Allerdings wird laut der Studie ‚From Volunteering to Voluntourism’, die den Markt in Deutschland analysierte, davon ausgegangen, dass mehr als das Doppelte der Freiwilligeneinsätze nicht über von der öffentlichen Hand geförderte Institutionen, wie beispielsweise Weltwärts organisiert werden. Die ForscherInnen gehen davon aus, dass zwischen 15.000 und 25.000 deutsche StaatsbürgerInnen einen so genannten flexiblen Freiwilligeneinsatz bei privatwirtschaftlichen ReiseveranstalterInne buchen, währenddessen über die institutionalisierten Entsendeorganisationen im Jahr 2016 knapp 8.000 Freiwillige entsendet wurden (ca. 4000 davon durch Weltwärts).

Flexible Freiwilligeneinsätze werden oftmals leichtfertig verurteilt, was aufgrund der vielen Negativbeispiele (zum Beispiel Waisenhaustourismus in illegalen Waisenhäusern und Missbrauchsfälle) nachvollziehbar erscheint. Allerdings zeigte eine Analyse von 400 Datensätzen von ehemaligen VoluntouristInnen, dass die durchschnittliche Aufenthaltsdauer bei 7 Wochen liegt und das Klischee vom zweiwöchigen Kurzeinsatz im Waisenhaus mittlerweile überholt ist. Gleichzeitig ist es notwendig, privatwirtschaftliche AkteurInnen in die Diskussion um Zukunftsperspektiven und Qualitätskriterien der Freiwilligenarbeit im Ausland einzubinden um die Branche nachhaltig zu verändern.

Studien zur österreichischen Freiwilligenarbeit im Ausland

Es ist anzunehmen, dass sich diesbezüglich die Situation in Österreich der in Deutschland ähnelt. Über Freiwilligenarbeit im Inland liegt mit dem ‚Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des Freiwilligen Engagements in Österreich’ (2. Freiwilligenbericht) eine fundierte Studie vor. Über Freiwilligenarbeit im Ausland existiert für Österreich keine vergleichbare wissenschaftliche Studie. Die Beratungsstelle WeltWegWeiser führte 2016 und 2017 Erhebungen zur Freiwilligenarbeit im Ausland durch, allerdings fokussierten diese Studien auschließlich auf NGO-basierte Freiwilligenarbeit mit einer gewissen Mindestdauer. AnbieterInnen der so genannten flexiblen Freiwilligenarbeit wurden nicht berücksichtigt und deshalb bilden die Erhebungen auch die österreichische Gesamtsituation nicht zur Gänze ab. Ebenso wurde ausgeblendet, dass Freiwillige aus Österreich bei deutschen privatwirtschaftlichen AnbieterInnen buchen können.

Unsere Studie ‚Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des freiwilligen Engagements der ÖsterreicherInnen im Ausland’

Freiwilligenbericht OesterreichAn dieser Stelle setzt unser Forschungsvorhaben an. Das Ziel der Studie ist eine erste umfassende Darstellung der derzeitigen Lage (in Österreich) und der Zukunftsperspektiven der Freiwilligenarbeit im Ausland. Entsendeorganisationen, privatwirtschaftliche AnbieterInnen von flexibler Freiwilligenarbeit, an Freiwilligenarbeit Interessierte sowie politische EntscheidungsträgerInnen sollen mit der Studie einen fundierten Überblick über die aktuelle Bedeutung und den Stellenwert sowie über die Chancen und Herausforderungen der Freiwilligenarbeit im Ausland erhalten. Das Vorhaben stellt das erste seiner Art in Österreich dar und weist daher ein hohes wissenschaftliches, politisches und öffentliches Interesse auf. Außerdem soll durch den Freiwilligenbericht eine dauerhaft wirksame Maßnahme zur Absicherung des freiwilligen Engagements im Ausland der Österreicherinnen und Österreicherinnen geschaffen werden. Nicht zuletzt wollen wir mit der Untersuchung zur Qualitätssicherung beitragen.

Realisiert werden kann das Forschungsvorhaben durch eine Zuwendung aus dem Anerkennungsfonds für Freiwilliges Engagement des österreichischen Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (kurz: Sozialministerium).

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