Dieser Beitrag ist wieder einmal der Theorie gewidmet. Wie ist das Bloggen entstanden, was unterscheidet einen Blog von einer klassischen Website, warum kann man mit dem Bloggen auch Geld verdienen und was sagt die kritisch politische Ökonomie dazu?

 Ein wenig Geschichte über Blogs

Die Blogsphere ist schon recht lange aktiv, bereits Mitte der 1990er Jahre tauchten die ersten Blogs im Netz auf. Der technologische Aufwand und das benötigte Tech-Wissen waren um einiges höher zu dieser Zeit. Der Begriff Blog leitet sich von Weblog ab, die Besonderheit an dieser Publikationsform, im Gegensatz zur statischen Website, ist der Tagebuchcharakter und damit die persönliche Note der AutorInnen. Mit Anfang/Mitte der 0er Jahre hat sich das Bloggen verändert, das Phänomen wurde von den ‚traditionellen’ Medien erkannt und thematisiert, 2004 war ‚Blog’ sogar als Wort des Jahres im Gespräch.
booksDurch Anbieter wie WordPress und Blogspot wurde es technisch vereinfacht, seine Gedanke raus in die Welt zu schicken. Fast Jede und Jeder konnte eigene Inhalte verbreiten, User wurden zu Producer. Viele beliebten Blogs befassten sich mit Politik und der persönlichen Meinung der Schreiberlinge dazu. In Staaten, wo die Pressefreiheit nicht so groß geschrieben wird, wurde Kritik am System immer öfter über Blogs oder auch Microblogs (ähnlich wie Twitter) verbreitet. Die Reichweiten mancher Blogs waren beeindruckend und die Online-Ausgaben der gängigen Tages- Wochen- oder Monatszeitungen konnten damals davon nur träumen. Die Geschichte des Blogs bis 2007 zum Nachlesen gibt es hier.

Seit einiger Zeit erlebt diese Publikationssform eine Renaissance, da die Werbetreibenden Blogs als Plattform für sich entdeckt haben. Das Publikum von Blogs ist viel direkter erreichbar als beispielsweise in einer Tageszeitung oder über das Fernsehen.

Warum erreichen Blogs die LeserInnen direkter?

Erstens befinden sich die meisten Blogs in einer sogenannten Nische, sprich LeserInnen erhalten Inhalte zu genau definierten und eingrenzbaren Themenbereichen. Das Publikum ist ‘näher’ an den AutorInnen und durch die Kommentarfunktion kann man sich direkter austauschen (wobei viele Online-Ausgaben von Zeitungen diese Möglichkeit mittlerweile auch anbieten). Die Inhalte eines Blogs befriedigen Bedürfnisse direkt und vermitteln Inhalte auf einer persönlicheren Ebene, was Authentizität vermittelt. Diese Art des Journalismus hat aber auch Schattenseiten: zum Beispiel wurde im April 2015 publik, dass eine bekannte Gesundheits-Bloggerin aus Australien ihre Krebserkrankung lediglich vorgetäuscht hatte.

Einstieg in die Medienökonomie

Fachzeitschriften und interessensbasierte Zeitschriften gibt es auch in gedruckter Form, doch vor allem jüngere Menschen wollen diese Inhalte online lesen und ‚nichts’ dafür bezahlen. Also verlagert sich die Werbung ins Internet. Wer als KonsumentIn denkt, ein Medium, das nichts kostet wäre gratis, irrt jedoch! Der Wert einer Zeitschrift ist nicht der Preis der draufsteht, sondern die Anzahl der LeserInnen. Je mehr LeserInnen, umso teurer können Anzeigeplätze verkauft werden. Wir bezahlen also mit unserer Aufmerksamkeit, offline wie online, ob auf dem Blog oder in den sogenannten sozialen Medien. Diese recht vereinfachte Medienökonomik dürfte allen professionellen Bloggerinnen und Bloggern klar sein.

Was jedoch nicht so klar ist, ist die Frage, wie viel der Werbeplatz auf dem eigenen Blog eigentlich Wert ist. Woran kann man sich orientieren? An den Anzeigepreisen in Printmedien oder etablierten Online-Medien? Oder an den Sponsoringverträgen von SportlerInnen? Vielleicht an den Stundensätzen von JournalistInnen?

Die Rolle von Reichweite, Page-Ranks und Sozialen Medien

Ist es in Wirklichkeit so, dass die Wertigkeit des eigenen Mediums von der Werbewirtschaft bestimmt wird? Diese fordert nackte Zahlen, Unique Visitors, Clicks- und Absprungraten, Verweildauer und so weiter werden dabei im Vergleich zur einfach überprüfbaren Anzahl der Follower in Sozialen Medien immer unwichtiger. Die Werbewirtschaft ist auf der Suche nach billigen Alternativen zur traditionellen Werbung. Viele BloggerInnen (vor allem im Fashion/Beauty Bereich) schreiben Artikel über Produkte für die Gegenleistung das Produkt geschenkt zu bekommen. Billiger geht es kaum für die Werbetreibenden. So entsteht auch ein Konkurenzdruck bei den BloggerInnen untereinander.

Ein Beispiel: Wenn die etablierte Fashion-Bloggerin Nummer 1 eine Gage für ihre Texte verlangt und Fashion Bloggerin Nummer 2 (mit der selben Anzahl an Follower auf Instagram) den selben Text in Gegenleistung für einen Lippenstift schreibt, ist es ökonomisch nur logisch wer den Auftrag erhält. Die Rolle von Google ist natürlich auch nicht zu unterschätzen. Wer sich besser mit SEO auskennt, ist sichtbarer. Da kann es schon mal passieren, dass den Texten der Sinn entleert und der Suchmaschine reingestopft wird.

Was jetzt – Konkurrenz oder Kooperation?

Konkurrenz ist eine treibende Kraft im kapitalistischen System, aber gleichzeitig funktionieren viele Blogs auch deshalb so gut, weil die BloggerInnen untereinander kooperieren. Denn die LeserInnen von Blogs sind wiederum BloggerInnen, die Likes werden getauscht, es wird gegenseitig kommentiert und so gegenseitig Relevanz vermittelt. Man könnte fast von einem autopoietischen System sprechen. Zur Erklärung: man spricht bei selbst-referenziellen (autopoietischen) Systemen von Systemen, die sich auf sich selbst beziehen, im Sinne von: wenn Blogger über Bloggen bloggen, dann bloggen Blogger Blogger nach.

Ist es möglich von den Werbeeinnahmen eines Blogs zu leben?

Anleitungen dazu gib es einige. Die Bloggerinnen und Blogger, denen das gelingt, sind erfolgreiche Werbetreibende, was früher Werbeagenturen und die Kreativwirtschaft erledigt hat, kann heute von einzelnen oder BloggerInnenkollektiven auch erreicht werden. Der Schritt in die Unabhängigkeit von Lohnarbeit als Online-UnternehmerIn wird so erleichtert. Oft reicht ein Blog jedoch nicht aus, um nach Abzug der Steuern und Versicherungen als Selbstständige in unseren Breiten überleben zu können. Dafür ist weitere (unternehmerische) Kreativität notwendig.

Mein erster Blog ging 2008 an den Start, der zweite im Jahr 2010 – also eigentlich recht spät. Beide Blogs waren in Wirklichkeit digitalisierte Reisetagebücher mit ein paar Fotos und nur für FreundInnen und Familie auffindbar. Mit LeserInnenzahlen im zweistelligen Bereich, wohlbemerkt. Der Blog DeeperTravel ist nicht ganz werbefrei. Unter Ressourcen sind einige Bücher zu Amazon verlinkt. Wir sind somit Affiliate Partner von Amazon und würden bei jedem Kauf 5% oder so mitverdienen. Ähnlich verhält es sich mit der DKB, sollte jemand über einen Link von uns diese Kreditkarte erwerben, erhalten wir eine Provision. Die ursprüngliche Idee dahinter war, die Inhalte zumindest kostendeckend anzubieten.

Ob wir das jemals schaffen oder diese ‘Partnerschaften’ aus ideologischen Gründen wieder beenden, ist noch offen.

Blogger 2.0 – die Digitalen NomadInnen

DNX Digitale NomadInnen KonfernezWer es geschafft hat, ein erfolgreiches Online-Unternehmen zu führen, kann dies von überall auf dem Globus erledigen. Mit erwirtschafteter ‘harter’ Währung lässt sich in ‘billigen’ Ländern gut über die Runden kommen. ‘I choose freedom’ war der Leitspruch der DNX 2015 – der digitalen Nomaden (sic!) Konferenz letztes Wochenende in Berlin. Auf der Bühne, jene die den Ausbruch aus dem Hamsterrad geschafft haben, im Publikum jene die das planen.

Eine schöne Zusammenfassung der Veranstaltung gib es bei I am digital.

Für viele Angehörige der Generation Y stellt sich die Frage nach dem klassischen 9-5 Job nicht mehr. Von unterbezahlten Praktika und Mindeststudienzeit ausgebrannt, wollen sie anders sein, sie wollen kein Firmenauto oder ein Riesengehalt, sondern sich kreativ in ihre Arbeit einbringen – sie wollen etwas tun, das Spaß macht. Am liebsten reisen und ihr eigener Boss sein. Ich wünsche Allen, die sich das wünschen, dass sie das schaffen und dass sie sich dann selbst auch hin und wieder Mal frei geben.

Wir haben die DNX sehr inspirierend und motivierend empfunden, haben getwittert, gehashtaggt und Visitenkarten verteilt. Ja, Freiheit ist gut – aber für uns bedeutet Freiheit auch Freizeit. Deshalb werden wir vielleicht keine (erfolgreichen) Online UnternehmerInnen. Oder doch???

UPDATE 2015: Wir organisieren gemeinsam mit Gerhard von Andersreisen die ABCstar – die Austrian Blogger Konferenz – wie wir auf diese Idee gekommen sind, erfährt ihr hier.

Wer von euch hat es geschafft und lebt von den Affiliate Einnahmen? Seht ihr euch selbst als Werbetreibende? Ist der Content der King oder doch Google? Wir freuen uns auf eine Diskussion!

tiefer…länger…nachhaltiger