In diesem Beitrag stellen wir eine bereits ältere Form des Volunteerings vor: die so genannten Au-pair Aufenthalte. Die Grundidee ist dabei, dass man sich für freie Kost und Logis sowie ein kleines Taschengeld um die Kinder einer Gastfamilie im Ausland kümmert und im Haushalt mithilft. Diese Idee hat ihren Ursprung in der Schweiz und reicht ins 19. Jahrhundert zurück. Am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden erste kirchliche Au-pair-Vermittlungsagenturen in Deutschland. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg werden Au-pair Aufenthalte in Europa immer beliebter und in den 1990er Jahren entstehen in den deutschsprachigen Ländern mehr und mehr kommerzielle Vermittlungsagenturen. Einen historischen Abriss über die Geschichte des Au-pairs findet sich hier.
Die zentralen Ziele eines Au-pair Aufenthalts:
- Kennenlernen einer neuen Kultur
- Verbesserung der Fremdsprachkenntnisse
- Erfahrungen in der Kinderbetreuung sammeln
- Aneignung von Kenntnissen in der Haushaltsführung
- Förderung der Selbstorganisation
- Erweiterung des eigenen Erfahrungshorizonts
WICHTIG: In Gegensatz zu anderen Volunteering-Möglichkeiten sind Au-pair Aufenthalte zum überwiegenden Teil auf Industrieländer beschränkt. Dies hat damit zu tun, dass in Entwicklungsländern die Arbeitskraft meist sehr billig ist und somit bei der wohlhabenden Schicht kein Bedarf an kostenloser Unterstützung im Haushalt und bei der Kinderbetreuung besteht.
Au-pair Spanien: Ein Erfahrungsbericht
Sophia hat sich für einen Au-pair Aufenthalt in Spanien entschieden. Was sie dabei erlebt hat und worauf man bei der Organsiation eines Aufenthaltes unbedingt achten muss, erzählt sie in dem folgenden Erfahrungsbericht.
2016 beschloss ich im Juli, August und September als Au-pair in Spanien zu arbeiten. Besonders interessierte mich Andalusien. Dieser Teil Spaniens ist mir seit meinem Erasmusaufenthalt im Jahr 2015 zur zweiten Heimat geworden. Da ich Spanisch studiere, hoffte ich durch einen Au-pair Aufenthalt meine sprachlichen und kulturellen Kenntnisse zu verbessern. Im Folgenden möche ich zuerst einige Ratschläge, die man als Vorbereitung für einen Au-pair Aufenthalt befolgen sollte, geben und im Anschluss über meine persönlichen Erfahrungen berichten.
Eine Gastfamilie finden
Man kann sich entweder durch eine Agentur vermitteln lassen oder online selbst eine Familie suchen – ich nahm den zweiten Weg. Auf AuPairWorld kann man ganz einfach ein Profil erstellen und nach verschiedenen Kriterien Gastfamilien suchen. Die Registrierung sowie das Kontaktieren von Gastfamilien ist kostenlos. Ich fand eine Familie aus Andalusien, die ein Au-pair suchten und habe sie per privater Nachricht kontaktiert. Danach verabredete ich mich mit der Familie per Skype, um sie besser kennenzulernen.
Meine Au-pair Erfahrung war leider nicht zufriedenstellend (Arbeitszeit, Lohn und Freizeit waren nicht geregelt) und daher würde ich mich nur mehr über eine Agentur bewerben. Der Service ist nicht umsonst, aber man kann sich bei auftretenden Schwierigkeiten oder Notfällen an die Agentur wenden. Zertifizierte Agenturen, die sich internationalen Qualitätsstandards verpflichtet haben, findet man beispielsweise auf der Website der International Au Pair Association (IAPA). Umfangreiche Informationen auf Deutsch rund ums Thema Au-pair sowie eine Liste zertifizierter deutscher Agenturen stellt der Verein Au-pair Society e.V. zur Verfügung. Der Verein ist der Bundesverband für Au-pair Agenturen, Gastfamilien und Au-Pairs in Deutschland und vertritt die Bundesrepublik Deutschland auch in der IAPA.
Mehr über meine persönlcihen Erfahrungen erzähle ich weiter unten.
Arbeitszeiten/Lohn/Freizeit
Es ist sehr wichtig, dass man vor dem Au-pair Aufenthalt mit der Gastfamilie die Arbeitszeiten, den Lohn und die Freizeit festlegt. Es schadet auf keinen Fall, sich einen offiziellen Vertrag geben zu lassen, in dem die Rechte und Pflichten festgehalten sind. Die Arbeitszeit sollte pro Tag 6 Stunden nicht überschreiten, und die Wochenenden sollten arbeitsfrei sein.
Sprachkenntnisse
Wenn man sich für einen Au-pair Aufenthalt entscheidet, ist es von Vorteil, wenn man Sprachkenntnisse hat, denn vor allem in Spanien wird selten Englisch gesprochen. Ein Au-pair Aufenthalt sollte auch dazu beitragen, die eigenen Sprachkenntnisse zu verbessern. Dadurch, dass ich rund um die Uhr mit meiner Gastfamilie zusammen war, war ich gezwungen, immer Spanisch zu sprechen. Meinen Spanischkenntnissen hat das richtig gut getan und ich konnte mich in kurzer Zeit merklich verbessern. In dieser Hinsicht wurden meine Erwartungen an den Au-pair Aufenthalt voll erfüllt! Die freien Wochenenden kann man darüber hinaus zum Beispiel für einen intensiven Sprachkurs nützen.
Eigene Kultur vermitteln und eine neue Kultur kennenlernen
Der Gastfamilie gefällt es, wenn man einen Bildband des eigenen Landes zeigen und über die Kulturen und verschiedene Bräuche berichten kann. Man kann die Familie auch mit dem Zubereiten von heimischen Speisen überraschen und mit den Kindern von zuhause mitgebrachte Spiele spielen sowie typische Lieder beibringen. Meine Gastfamilie hat sich auch sehr über die Gastgeschenke gefreut: Bekannte österreichische Süßigkeiten wie Mozartkugeln und Manner-Schnitten haben nicht nur den Kids geschmeckt. :)
Durch Gespräche über politische und kulturelle Geschehnisse konnte sich meine Gastfamilie ein besseres Bild über das tägliche Leben in Österreich machen. Im Gegenzug habe ich viel über die aktuellen Probleme in Spanien erfahren – bei einer normalen Urlaubsreise habe ich das so nie erlebt. Das ist auch einer der zentralsten Vorteile eines Au-pair Aufenthalts: Man ist nicht nur BesucherIn in einem Land, sondern lebt für mehrere Wochen oder Monate mit Einheimischen zusammen und kann dadurch tief in die lokale Kultur eintauchen.
Schattenseiten: Au-pair Spanien
Wie ich leider am eigenen Leib erfahren musste, kann ein Au-pair Aufenthalt auch einige Schattenseiten mit sich bringen.
Im Nachhinein betrachtet war jeder Arbeitstag mit meinen Au-pair Kindern sehr nervenaufreibend, da sie einfach keine Regeln und kein „Nein“ kannten und sich auch sehr oft ihren Eltern widersetzten. Auf ein „No“ oder ein strenges Wort von mir, folgten stundenlanges Weinen, Schreien und zickiges Verhalten. Was mir aber aufgefallen ist, ist dass sich nicht nur meine Kinder, sondern auch deren FreundInnen so verhalten haben. Generell ist die Kindererziehung meiner Meinung nach in südlichen Ländern etwas anders als in Österreich oder Deutschland – „laissez-faire“, also der weitgehende Verzicht auf Regeln, Grenzen oder Vorgaben beschreibt diesen Erziehungsstil ganz gut.
Dadurch, dass in Spanien alles viel später passiert (zum Beispiel, dass man erst um 23:00 zu Abend isst), dürfen die Kinder sehr lange aufbleiben. Fast jeden Tag habe ich die drei Kinder um Mitternacht, 1 oder 2 Uhr Nachts ins Bett gebracht – und nicht einmal dann wollten sie schlafen. Somit waren meine Arbeitstage dann doch ziemlich lang (von circa 10 Uhr morgens bis spät in die Nacht).
Was bei mir noch hinzukam war, dass mein Zimmer gleichzeitig das Spielezimmer der Kinder war. Ich hatte deshalb nicht wirklich einen Raum für mich allein, wo ich mich zurückziehen konnte, da die Kinder fast jeden Tag in „meinem Zimmer“ gespielt haben. Auch das Bad musste ich mir mit den drei Mädchen teilen. Somit muss ich leider sagen, dass meine Privatsphäre eingeschränkt war und ich mich oft nicht wohlgefühlt habe.
Rückblickend würde ich auch definitiv einen Vertrag mit der Familie abschließen. Bei mir waren Arbeitszeiten und freie Tage nicht geregelt, was oft zu Spannungen und Konflikten mit den Eltern der Kinder geführt hat und woraufhin ich auch meinen Aufenthalt früher als geplant abgebrochen habe.
Fazit
Generell, ist ein Au-pair Aufenthalt eine tolle Erfahrung, die man nicht missen möchte. Man lernt die Menschen des ausgesuchten Landes, ihre Sitten und Bräuche kennen und verbessert die eigenen sprachlichen Fähigkeiten. Mich als Lehramtsstudium hat das Arbeiten mit Kindern sehr viel gelehrt wodurch ich mich auch pädagogisch weiterentwickelt habe.
Steckbrief:
Name: Sophia Ebenbichler
Alter: 22 Jahre
Beruf: Studentin Spanisch & Anglistik
Tätigkeit: Au-pair in Spanien
Homebase: Salzburg
Fotos © Sophia Ebenbichler
Wie waren deine Erfahrungen als Au-pair oder hast du noch Fragen? Wir freuen uns über deine Kommentare!
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