Könnt ihr euch vorstellen, als Volunteer in Uganda tätig zu sein? Wir haben den Verein Terra Varietas kennengelernt, der gerade ein Volunteer Programm in Uganda aufbaut. Doch nicht nur in Uganda ist Terra Varietas tätig! Wir durften sieben Fragen an die Organisation stellen – viel Spaß beim Lesen!
1) Was ist Terra Varietas und was macht ihr genau?
Terra Varietas (terravarietas.com) ist ein kleiner gemeinnütziger Verein mit Sitz in Wien, der Kinder, Jugendliche und junge Menschen unterstützt, die keine oder zu wenig Fürsorge erfahren, um sich in Würde entwickeln und leben zu können. Im Zentrum aller Projekte steht jungen Menschen durch Bildung eine Chance auf ein besseres und freudvolles Leben ermöglichen zu können. Wir möchten hierbei Hilfe zur Selbsthilfe geben – vorhandene Ressourcen aufzeigen und diese als kostbaren Schatz betrachten. Was bedeutet unser Name Terra Varietas? Beide Namensteile kommen aus dem Lateinischen. „Terra“, die Erde, der Planet, damit ist die Welt, in der wir leben, gemeint. „Varietas“ bedeutet so viel wie Buntheit oder Verschiedenheit. Für uns symbolisiert dieser Name die großartige Vielfalt auf unserem Planeten Erde.
Leitsätze von Terra Varietas sind:
Jedes Kind soll in einem geborgenen stabilen Umfeld voller Liebe und Respekt aufwachsen dürfen.
Jeder junge Mensch hat das Recht auf Bildung und ein Recht auf ein Leben in Würde.
Derzeit fördern wir 3 bestehende Projekte in Österreich, Serbien und Uganda – alle 3 Projekte sind mit ganzem Herzen entstanden, doch ohne Unterstützung von außen in ihrer Existenz bedroht oder diese hätten ohne Hilfe gar nicht starten können. Auch in unserer Nähe in Österreich gibt es viel Kinderarmut. Deshalb engagieren wir uns für den Verein Bedarfshilfe Wien. Die Bedarfshilfe gibt direkt Hilfe durch Lebensmittelverteilung, kostenlose Bildungsangebote wie Sprach- und Konversationskurse, Nachhilfe für SchülerInnen, einer Kleinkind-Musikgruppe und Freizeitangebote wie Kreativ-Workshops oder Kochen mit Herz. Weiters gibt es Hilfe und Unterstützung in allen Lebensbereichen, wo Bedarf vorliegt. Schwerpunkte sind Flüchtlinge und AsylwerberInnen mit oft sehr kinderreichen bildungsfernen Familien ebenso wie ältere Menschen, die oft unter Einsamkeit leiden. Außerdem unterstützen wir in Serbien das Projekt NADA in Kladovo. Da bekommen behinderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in einer Tagesstätte die Chance auf ein menschenwürdiges Leben. Diese jungen Menschen kommen aus sozial benachteiligten Familien, das von uns finanzierte warme Essen im Tagesheim ist meist ihre einzige richtige Mahlzeit am Tag! Ein großer Schwerpunkt unserer Arbeit ist Afrika. In Uganda (einem Entwicklungsland im Osten von Afrika) unterstützen wir Aggies Baby Home, ein Zuhause für weggelegte Babies und Kleinkinder. Dabei liegt unser Fokus auf Bildung und Versorgung dieser Waisenkinder. Die New Hope School ist ebenso in Uganda. Es ist eine Schule, die über 400 jungen Menschen die Chance auf Bildung gibt. Hier haben wir 2016 ein Gästehaus für BesucherInnen, TouristInnen und Volunteers errichtet.
2) Wie finanziert ihr euch?
Terra Varietas versucht mit finanziellen Mitteln – mit Spenden und Patenschaften – die Umfelder bedürftiger Menschen zu unterstützen. Wir arbeiten ausschließlich ehrenamtlich, das bedeutet 100% der Spenden fließen in die Projekte.
3) Wie schätzt ihr das Potenzial von Reisen für Bildung ein?
Reisen, das Kennenlernen und Beobachten anderer Kulturen, ist ein ganz essenzieller Beitrag für die Weiterentwicklung und somit Bildung eines jeden Menschen in jedem Lebensalter. Reisen im Sinne von Erweitern des Horizontes, ist schon seit dem Altertum von großer Bedeutung. Bedeutende PhilosophInnen und WissenschaftlerInnen reisten gerne und viel. Nur so konnten sie ihre Anschauungen entwickeln, Theorien formen und prüfen und forschen. Vor 300 Jahren war es beispielsweise in gebildeten Kreisen üblich in jungen Jahren ein Jahrzehnt durch Europa zu reisen. Reisen und Bildung hängen und hingen in unserer kulturellen Entwicklung als Menschen eng zusammen.
4) Was bietet ihr für angehende Volunteer Reisende?
Volunteer Reisende sind Menschen, die sich entschlossen haben für einen bestimmten Zeitraum in einem fremden Land wahrscheinlich in einer ihnen nicht vertrauten Kultur zu leben und zu wirken. Sie haben diesen ersten wichtigen Schritt selber getan – sie sind von innerer Motivation geleitet. Diese ganz spezielle eigene Motivation eines jeden Freiwilligen gilt es sorgsam und einfühlsam zu begleiten.
In Einzelgesprächen und Workshops in Kleinstgruppen wird diesen besonderen Menschen wertschätzend begegnet.
Das beinhaltet sowohl praktische Dinge bezüglich Organisation und Planung der Reise zu besprechen (Versicherung, Impfungen, Gesundheit, Visum…) als auch die wichtigen Bereiche der eigenen Wünsche und Ziele eines jeden Volunteers und der allgemeinen Ethik in der Begegnung und dem Umgang mit anderen Kulturen auf Augenhöhe. Wir, als kleine Organisation, bieten eine auf jeden Volunteer abgestimmte Betreuung an. Jeder Volunteer kann einen wichtigen und auch ersichtlichen Beitrag im Projekt leisten.
5) Wie unterstützt ihr die Menschen in Österreich, Serbien und Uganda?
Unsere drei derzeitigen Projekte unterstützen die Menschen vielseitig und umfassend wo Bedarf besteht. Wir möchten mit offenen Herzen begegnen! Das ist ganz klar verschieden – in jedem Projekt, in jedem Land und zu unterschiedlichen Zeiten. In Österreich unterstützen wir den Verein Wiener Bedarfshilfe sowohl finanziell als auch mit Sachspenden. Wir bezahlen einerseits die komplette Miete der Vereinsräume, andererseits bringen wir gerne Kleiderspenden, Schuhe, Kleinmöbel, Geschirr und allerlei nützliche Dinge in gutem Zustand. Wir bekommen von privaten SpenderInnen immer wieder tolle Sachen, die wir dann auf die drei Projekte sinnvoll aufteilen. EinzelhändlerInnen in unserer Nähe wie ein Kinder-Secondhandmodegeschäft, eine Papierhandlung und ein Betten-und Stoffgeschäft unterstützen immer wieder mit hochwertigen Sachspenden. In Serbien unterstützen wir den Verein Nada in Kladovo mit der Finanzierung von täglichen Mahlzeiten und Jausen. Zusätzlich finanzieren wir einmal im Jahr eine Gruppenkurzreise nach Montenegro, bringen Sachspenden wie notwendige Rollstühle. Seit über einem Jahr suchen wir beispielsweise für dieses Projekt einen rollstuhlgerechten Kleinbus. Im Uganda Projekt unterstützen wir finanziell die Renovierung und den Ausbau von Aggies Baby Home und der New Hope School. Wir haben beispielsweise das komplette Areal des Baby Homes renoviert inklusive Drainagierung der Wände im Außenbereich, Pflasterung der Wege, Gestaltung des Außenbereiches, Ausmalen aller Räume, Ausbau einer neuen Küche, Bau eines neuen Waschküchegebäudes, Neueinrichtung der Kinderbadezimmer, Abtrennung einer extra Krankenstation im Haus. In der Schule haben wir völlig neue Wassertanks aufgestellt, ein komplett neues großes Küchenhaus gebaut, einen großen Spielplatz neu errichtet und zuletzt 150 (!) neue Matratzen gekauft. Da steht noch viel an – der Bedarf ist groß! Derzeit ist ein weiteres Schlafhaus für die jugendlichen Burschen in Planung. Neue Schulbücher, generell Bücher (eine kleine Bibliothek) sind in Vorbereitung. Der Ausbau der Selbsterntefelder für Obst, Gemüse und Getreide ist ebenso bald vorgesehen. Die pädagogische Ausbildung und somit Aufwertung der Projektmütter, die die jungen Kinder betreuen, ist auch auf unserer To-Do-Liste.
Das größte finanzielle Projekt war 2016/17 der Neubau eines Guesthouse für die Unterbringung von Volunteers direkt am Gelände. Derzeit haben wir Platz für 16 Gäste in drei unterschiedlichen Zimmerkategorien. Das Zentrum des Gästehauses bildet ein großer Gemeinschaftsraum mit einer offenen Küche. Gemütliche Terrassen mit grandiosem Blick über das Tal und ein Grillplatz wurden ebenso angelegt. Für die Freiwilligenarbeit in Uganda steht somit schon viel an Infrastruktur zur Verfügung. Zu den betreuenden Personen in unserem Projekt: Es leben insgesamt 6 Mütter im Baby Home, die die komplette Betreuung unserer derzeit 22 Kinder, im Alter von 0 bis 6 Jahren übernehmen. Jede Mutter hat circa 4 bis 5 Kinder zu betreuen, wobei die Hausverantwortung bei einer Mutter liegt. Unsere Direktorin und Gründerin des Baby Homes ist Agnes Lubega. Sie und ihre Tochter Ruth, welche die Administration des Projektes inne hat, werden direkte Ansprechpartnerinnen für unsere Volunteers sein und immer zur Verfügung stehen. Daneben gibt es noch zwei SozialarbeiterInnen.
Natürlich sind auch viele Sachspenden ein großes Thema. Es werden immer wieder schöne Sommerkleider und Schuhe gesammelt. Vor Ort wurde und wird bei heimischen Händlern der Bedarf an Decken, Handtüchern, Geschirr und Kleinmöbel für das Baby Home gekauft. Wir haben beispielsweise bei örtlichen Tischlern all unsere Betten, Kästen und Schreibtische aus heimischen Hölzern nach Maß anfertigen lassen; ebenso alle Matratzen. Bei den Hilfsprojekten in Uganda ist uns wichtig, das Werkzeug zur Selbsthilfe zu geben. Natürlich hat in all unseren Projekten viel ideelle Unterstützung einen wichtigen Anteil. So war es beispielsweise ein langwieriger mühsamer Prozess in Wien einen mietbaren Ort für das Vereinslokal der Bedarfshilfe zu finden. Viele bürokratische Rückschläge und Hürden waren da auszuhalten …
6) Was bedeutet für euch ‚tieferes Reisen’?
Tieferes Reisen bedeutet für uns ein vorbehaltloses, achtsames und freudiges Eintauchen in eine andere Kultur. Eine respektvolle und für alle Seiten bereichernde Begegnung steht im Mittelpunkt. Tiefes Reisen hinterlässt nachhaltig Spuren im Reisenden, die wohl seinen oder ihren weiteren Lebensweg, das „Sein“ für immer prägen. Im Herzen eines jeden Menschen hinterlässt tiefes Reisen unzählige kostbare und einmalige Erinnerungen – Bilder, Geräusche, Düfte und Geschmäcker besonderer Momente in der Natur, mit anderen Menschen – Mitreisenden oder Einheimischen und vor allem mit sich selber! Durch tieferes Reisen hat jeder Reisende die Möglichkeit, letztlich sich selber besser kennenzulernen. Daher ist tieferes Reise eine große Chance der Selbstbildung.
7) Was habt ihr in Zukunft vor?
In unseren Köpfen schweben unzählige Ideen was wir noch alles machen möchten. Im Zentrum unserer Vision steht das Ziel, weiterhin für Menschen, die es brauchen, hilfreich da sein zu möchten, egal wo diese Menschen leben. Wir möchten durch eine geborgene Kindheit und Bildung jungen Menschen eine gute Zukunft in ihrem Heimatland ermöglichen! Wir sind ebenso weiterhin offen für bereits bestehende Projekte voller Herzblut anderer Menschen, die an einem bestimmten Punkt Unterstützung brauchen.
Weitere Infos unter terravarietas.com
Fotos © Terra Varietas
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