Für Reisende, die länger an einem Ort bleiben und dadurch die Menschen und lokalen Gegebenheiten besser kennenlernen können, ergeben sich oft außergewöhnliche Möglichkeiten und Begegnungen. So erging es uns letztes Jahr in Nicaragua.
Am 1. Juni 2015 feiert unser Projekt CeTeCh in Nicaragua seinen ersten Geburtstag. Zeit für uns eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen.
Hintergrund
Chichigalpa, die rund 50.000 EinwohnerInnen zählende Stadt im Nord-Westen Nicarguas, kennt man hauptsächlich als Produktionsstätte des beliebten Rums Flor de Cana. In den letzten Jahren gab es immer wieder mediale Negativberichterstattungen über die Arbeitsweise des den Rum herstellenden Pellas Konzerns und der Zuckermühle Ingenio San Antoni bzw. über die teilweise katastrophalen Arbeitsbedingungen der ArbeiterInnen auf den Zuckerrohrfeldern um Chichigalpa. Der Bevölkerung in und um Chichigalpa fehlen allerdings die Perspektiven: der größte Arbeitgeber in der Region ist San Antonio und Ausbildungsmöglichkeiten sind rar – hier setzt unser Projekt CeTeCh (Centro de Capacitación Técnico Chichigalpa, zu Deutsch: Technisches Ausbildungszentrum Chichigalpa) an.
Das Ziel des Projekts ist die Verbesserung der Lebensbedingungen der nicaraguanischen Bevölkerung rund um Chichigalpa, sowie die Schaffung nachhaltiger Ausbildungsstrukturen. Das von CHICA Österreich (Dachverband der österreichischen NGOs, die in Nicaragua tätig sind) getragene Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem nicaraguanischen ‚Verein für Kommunalentwicklung mit internationaler Solidarität’ (ASDECOSI), der Stadtverwaltung von Chichigalpa und den langjährig etablierten CHICA Netzwerken durchgeführt. Die ADA (Austrian Developlment Agency) konnte über ein Förderansuchen als Partner gewonnen werden und finanziert das Projekt, welches ein Gesamtvolumen von 200.000 Euro aufweist, zu 50 Prozent.
Entwicklungshilfe? Entwicklungszusammenarbeit auf Augenhöhe!
Durch die angebotenen Ausbildungsschwerpunkte, die in der praktischen Umsetzung auf die Realisierung erneuerbarer und kostenreduzierender Energielösungen (Photovoltaikanlagen/Solarpanele und Öko-Öfen) abzielen, sollen vor allem marginalisierte, von Exklusion betroffene und gefährdete Jugendliche (StraftäterInnen, Drogenabhängige, etc.) in die Gesellschaft integriert werden. Ein spezieller Fokus wird dabei auf die Einbindung von weiblichen Jugendlichen in diese tendenziell männlich geprägten Berufssparten gelegt. Darüber hinaus sollen zum Ende der Projektlaufzeit die Grundlagen für eine selbstorganisierte Weiterführung der Ausbildungsstätte durch die lokale Bevölkerung gelegt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sind bereits, mit Ausnahme von Eva und mir, alle MitarbeiterInnen aus Nicaragua. Damit wollen wir weg von der Entwicklungshilfe hin zur Entwicklungszusammenarbeit.
Ein weiteres Ziel des Projekts ist es, das CHICA Netzwerk in Österreich und in Nicaragua durch Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer zu stärken. Viele Jahre Erfahrung in der praktischen Entwicklungszusammenarbeit sollen gemeinsam genutzt werden, um zukunftsfähige Ideen Wirklichkeit werden zu lassen. Geplant sind Workshops und Netzwerktreffen in Österreich und Nicaragua zu den Themen Projektantragsstellung und -abwicklung, Globales Lernen und vieles mehr.
Was im ersten Jahr geschah
In der Gemeinde Chichigalpa wurde ein Ausbildungszentrum für FacharbeiterInnen in den Bereichen Mechanik, Elektrotechnik und Photovoltaik errichtet und somit ein erster Schritt zur Armutsreduktion in der Region geleistet. Nach einer fast fünfmonatigen Bauzeit begann Anfang November 2014 das erste Modul ‚Technisches Schweißen’ und vier Monate später schlossen 21 SchülerInnen den Kurs erfolgreich ab.
Im Februar dieses Jahres hatten wir die Gelegenheit, das fertiggestellte Ausbildungszentrum zu besuchen und die SchülerInnen persönlich kennenzulernen.
Wie es weitergeht
In den nächsten zwei Jahren werden weitere fünf Kursmodule (noch 1 Schweißkurs, 2 Elektrotechnikkurse und 1 Solar/Photovoltaik-Kurs) für jeweils bis zu 25 Jugendliche aus Chichigalpa durchgeführt.
Am 09. Juni wird im Zuge der 25-Jahr-Feier der Uni-Partnerschaft Salzburg-León ein CHICA Vernetzungstreffen in Österreich stattfinden. Im Sommer soll eine ähnliche Veranstaltung in Nicaragua durchgeführt werden.
Einige Eindrücke über die Abschlussfeier des ersten Schweißkurses gibt es in diesem Video:
Mehr Infos gibt es auf der Website: cetech.info
Habt ihr Fragen, Anregungen oder Ideen zu unserem Projekt? Wir freuen uns über Feedback in den Kommentaren!
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